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Zocken, chatten, haten

Wenn Gaming-Sprache toxisch wird

Erschienen am 3. August 2022 · Autorin Birte Frey

»Leg‘ jetzt endlich den Boss um und loot‘ ihn, du Noob!« Das schreibt eine Spielerin in einem MMO. Sie haben nur Bahnhof verstanden? Übersetzt heißt das Ganze: »Jetzt besieg‘ endlich den Endgegner und sammel‘ die Beute ein, die er bei sich trägt, du Anfänger*in.« Das schreibt eine Spielerin in einem Massively Multiplayer Online Game, also einem Online-Spiel, in dem ganz viele Menschen gleichzeitig auf einem Server spielen. Warum drücken sich Spieler*innen so speziell aus?

Titelbild Webinar Zocken, chatten, haten
  

Abkürzungen & Anglizismen

Sprache in Spielen ist oft durchzogen von Abkürzungen (Schnelligkeit zählt), Anglizismen (Online-Spiele sind häufig international) und wird oft geprägt von Übertreibungen ((gemeinsames Leid/ gemeinsame Freude bei (Miss-)Erfolgen im Spiel)). Dazu kommen Fachbegriffe, die von Spiel zu Spiel variieren. Das Ganze hat fast den Charakter einer Geheimsprache und trägt so natürlich auch zum Gemeinschaftsgefühl unter den Spielenden bei. Schreibt also jemand im Chat AFK (Away from Keyboard) will die Person Bescheid geben, dass sie kurz den Computer verlässt, weil es beispielsweise an der Tür klingelt, mit GG (Good Game) beglückwünschen sich Gamer*innen zu einem guten Spiel und mit L2p (Lern to play) wird jemand abgewertet, der gerade im Spiel nicht so gut abgeliefert hat.

  

Algorithmen austricksen

Natürlich wird es im Game dann auch mal emotionaler und die Spieler*innen nutzen Schimpfwörter, um ihrem Frust Ausdruck zu verleihen. Viele Spieleplattformen zensieren typische Schimpfwörter oder sexualisierte Begriffe automatisiert, sodass sich immer mehr Kunstwörter entwickeln, die stellvertretend für unerlaubte Wörter stehen. Diese Geheimsprache, die genutzt wird, um den Algorithmus auszutricksen, wird Algospeak genannt. Sie wird nicht nur in Chats von Videospielen benutzt, sondern auch auf Social-Media-Plattformen wie TikTok. Dort benutzen auch viele Content Creator Algospeak, die Aufklärungsarbeit zu sexuellen Themen betreiben, weil der Algorithmus sonst ihre Videos sperrt.

Wann wird aus Gaming-Sprache Hass?

»Dieses Aufregen und Schimpfen in Videospiel-Chats hat da seine Grenze, wo andere Menschen beleidigt werden«, erklärt Romina Nölp, Medienpädagogin bei den Digitalen Helden. »Wenn zum Beispiel eine (abwertende) Bezeichnung für eine Minderheit als Beleidigung verwendet wird, dann wird aus Gaming-Sprache Hass«, ergänzt sie. Sobald sich der Hass gegen Menschgruppen wie Menschen mit Behinderungen, People of Color oder Jüd*innen richtet, handelt es sich um Hate Speech.

  

Handouts für den Unterricht

Mit Videospielen erfolgreich Hate Speech kontern – wir zeigen, wie’s geht. Nutzen Sie unser kostenfreies Handout Gute Games gegen Hass. Links und weiterführende Infos zu Hass und Hetze im Netz finden Sie in unserem Handout Was tun bei Hate Speech.

Wieso gibt es so viel Hass in Videospielen?

  

10 Tipps…

Eine Einführung zu den einzelnen Kommuni­kationsplattformen Discord, Twitch, YouTube und Steam und 10 Tipps, was Gamer*innen, Eltern und Pädagog*innen tun können, wenn Ihnen Hate Speech in Video­spielen begegnet, gibt es in der Auf­zeichnung des Webinars Zocken, chatten, haten – wenn Gaming-Sprache toxisch wird.

Shittakling, also das wüste Schimpfen und Anstacheln während des Spiels, gehört für viele Spieler*innen zum Spielen und zur Gaming-Kultur dazu. So kann man mal alle Emotionen rauslassen oder ein Match noch mehr anheizen. Viele kennen dabei gar nicht die (auch rechtlichen) Grenze zu Hate Spech, übernehmen Ausrufe von anderen und erhalten sowieso selten Widerspruch. Es entsteht das Gefühl in der Community, dass sei schon in Ordnung so. Auf Seite der Spieleunternehmen herrscht Unsicherheit und wenig Motivation Hate Speech zu unterbinden, denn keiner will sich vorwerfen lassen Zensur zu betreiben und mehr Shittalking im Chat führt ja auch zu längerer Verweildauer im Spiel und einer stärkeren emotionalen Bindung der Spieler*innen ans Spiel.

Romina Nölp erklärt: »Den Gaming-Unternehmen fehlt es hier aus meiner Perspektive an Motivation, rechtliche Vorgaben umzusetzen. Um Straftatbestände wie Verleumdung und Beleidigung zu verfolgen, bräuchten sie einfach viel mehr Mitarbeiter*innen, die die Chats moderieren.«

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